Unsere diesjährige Wanderfahrt wollten wir wieder auf einem uns bis dato unbekannten Gewässer
im Osten unternehmen. Aus der lockeren Idee, das Ruderrevier der Oder zu erkunden, entwickelte
sich ein recht anspruchsvoller Routenverlauf von Schwedt an der Oder über das Stettiner Haff und
den Peenestrom bis über die Ostsee nach Stralsund.
Bereits beim Grünkohlessen 2013 buchten wir bei Sebastian die Nausikaa und den kleinen Hänger für
die 26. KW 2014. Die Mannschaft kennt sich bereits seit vielen Jahren, ist eingefahren und weist
einen guten Leistungsstand auf. Ideale Voraussetzungen, mal etwas Neues und Anspruchsvolles zu
wagen. Leider fiel kurzfristig unser Fünfter Mann aus, so dass wir als gesteuerter Dreier fuhren.
Anspruchsvoll war in diesem Falle auch die Logistik: Wir starteten am frühen Morgen in Hamburg
und transportierten die Nausikaa zum Startpunkt in Schwedt, anschließend brachten wir die
Zugmaschine und den Hänger zum Ziel in Stralsund. Mit der Bahn gelangten wir nach Schwedt
zurück.
Am Sonntag d. 22.06.2014 starteten wir auf der Westoder von Schwedt in Richtung Norden. Die
Westoder weist keine spürbare Strömung auf. Einige Kilometer stromabwärts von Schwedt wechselt
die Landschaft von Gewerbegebieten mit Kaimauern hin zu einer Stromlandschaft mit breiten,
natürlichen Flussläufen. Zur linken Hand befindet sich das deutsche, zur rechten Hand das polnische
Ufer. Häufig zweigen kleine Kanäle in Richtung Ostoder ab. Am Nachmittag erreichten wir Stettin
nach 42 km. Unser Boot durften wir am Badestrand direkt vor einer kleinen Polizeistation ablegen.
Am nächsten Tag durchquerten wir zunächst Stettin. Eine reizvolle Stadt mit zahlreichen Werften, auf
denen scheinbar wie vor 50 Jahren gearbeitet wird: Hämmer schlagen auf Stahl, überall stieben
Schweißfunken an Schiffsrümpfen entlang, ein Geruch von Teer und Rost hängt in der Luft. Einige
Kilometer nach Stettin wechselt die Oder ihren Charakter. Der Strom wird deutlich breiter und
windanfälliger. Wir trafen einige Segler auf ihrem Weg zum Haff. Unser Ziel nach 36 km: Trzebiez
(deutsch: Ziegenort in Vorpommern, der Name leitet sich von einer früher häufig vorkommenden
Fischart ab).
Am Dienstag ging es dann richtig los: Ziegenort liegt bereits am Stettiner Haff und ab dort sollte unser
Vorankommen hauptsächlich vom Wind abhängen. Gem. Wettervorhersage war mit 1-2 Windstärken
zu rechnen. Es waren aber wohl eher 3-4 Windstärken. Bei derart großen Gewässern wie dem Haff
bauen sich dann bereits recht hohe Wellen auf. Wir legten die Rettungswesten an und blieben dicht
unter Land. Da wir Gegenwind hatten, kamen wir nur langsam voran. Endlich passierten wir die
Landmarke Podgrodzie und hatten ab dort Seitenwind. Erschöpft machten wir eine Mittagsrast in
Altwarp, das sich direkt hinter der Grenze befindet. Weiter ging’s nach Ückermünde, unserem Ziel
nach 40 hart erkämpften Kilometern.
Am Mittwochmorgen mussten wir ein wenig um unsere Wanderfahrt bangen, denn an der
Ückermündung herrschten recht hohe Wellen. Allerdings auch nur dort, so dass beschlossen wurde,
weiterzufahren. Bereits aus großer Entfernung konnte man die Hubbrücke von Karnim erkennen. Sie
markiert die Einfahrt in den Peenestrom. Auf dem Peenestrom bekamen wir dann wieder starken
Gegenwind, so dass wir uns mehrere Stunden bis zu unserem Tagesziel Lassan quälten. Lassan ist ein
wunderschön am Achterwasser gelegener Ort mit 1.600 Einwohnern.
Über Nacht schlief der Wind komplett ein. Welch Wohltat! Wir passierten Wolgast und erreichten
bereits am frühen Nachmittag Kröslin: Genug Vorbereitungszeit für dasWM Spiel Deutschland / USA.
Am Freitag sollte es noch einmal spannend werden, denn es ging hinaus auf die Ostsee. Aufgrund
flacher Küstengewässer muss man sich fast 3 km vom Festland entfernen. Der Wind frischte ein
wenig auf, aber ansonsten klappte das Manöver problemlos. Wir passierten das ehemalige KKW von
Lubmin und nahmen Kurs auf Greifswald. Greifswald wird uns als lebendige Studentenstadt mit
reizvoller Innenstadt in Erinnerung bleiben.
Der Sonnabend sollte unser letzter Rudertag mit einer Tagesstrecke von 51 km werden. Da wir uns
mittlerweile als Mannschaft noch besser zusammengefunden hatten, ruderten wir die letzten Tage
bereits ohne Mittagspause. So auch am Sonnabend. Bei wunderbarem Wetter passierten wir die
Fähre in Stahlbrode und ruderten in den Strelasund. Mehrere Segelboote konnten wir hinter uns
lassen. Unser Ziel, den Stralsunder Ruderclub, erreichten wir am Nachmittag. Zufälligerweise fiel
unsere Ankunft mit dem Zieleinlauf einer Kajakregatta rund um Hiddensee zusammen. Wir hatten
großes Glück, denn direkt nach unserer Ankunft brach ein schweres Gewitter los.
Résumé: Mit Sicherheit wird uns diese Wanderfahrt in wunderbarer Erinnerung bleiben. Für das
nächste Jahr haben wir bereits eine ähnliche Fahrt ins Auge gefasst. Man muss sich jedoch der damit
verbundenen Gefahren bewusst und im Notfall bereit sein, die Fahrt abzubrechen.
(Teilnehmer: Kai Daniels, Timo Dettmann, DirkWengler, Dirk Behrends)
Dirk Behrends